Mit den Fahrradwohnwagen auf Tour

Von Leipzig nach Berchtesgaden – 1.200km in 13 Tagen

Jetzt liegt sie also hinter uns: unsere erste größere Reise mit den Fahrradwohnwagen. Und was waren wir vorher aufgeregt, wenn auch aus verschiedenen Beweggründen. Ich war voller Vorfreude, dass wir endlich starten konnten. Denn ich hatte schon auf kleineren Testtouren erleben dürfen, was für ein tolles Reisen das mit dem Fahrradwohnwagen ist. Man kann quasi überall seinen Schlafplatz aufbauen. Bei einem kurzen Regenschauer kann man diesen bequem im Wagen abwarten. Wir müssen früh kein nasses Zelt einpacken und abends wieder aufbauen. Und wir haben immer ein trockenes und (zumindest ein) warmes Plätzchen.

Fahrradwohnwagen KreAIR und Kreher Imperial

Rene hatte natürlich noch das Päckchen des Tüftlers zu tragen. Würde alles halten, was er da zusammen gebaut hatte? Was nimmt man alles mit um im Notfall kleinere Reparaturen durchführen zu können? Was brauchen wir alles um unsere Akkus bei schlechterem Wetter auch an E-Ladesäulen laden zu können?

Unser Reiseziel haben wir wie immer spontan festgelegt. Der Blick auf die Wetterkarte für die nächste Woche verhieß allgemein nichts Gutes. In Süddeutschland sollte es aber etwas besser sein. Also entschieden wir uns für Berchtesgaden.

Das spannendste in den ersten Tagen war die Frage: Wo können wir unsere Akkus wieder vollladen? Wir haben schlussendlich drei Möglichkeiten für uns ausgemacht. Das erste sind die klassischen Ladesäulen für Elektroautos. Es gibt in Deutschland sehr viele unterschiedliche Ladestandards und mindestens ebenso viele verschiedene Anbieter. Wir haben uns einen Adapter für den Typ 2-Standard zugelegt, der der Ladesäule kommuniziert, dass wir ein Elektroauto sind. Das hat in 8 von 10 Fällen auch gut geklappt. Über eine App kann man sich anzeigen lassen, wo Ladesäulen sind, ob sie verfügbar sind und welche Steckertypen vorhanden sind. Auch die Abrechnung wird über die App abgewickelt. Wir haben sogar durch Zufall zwei Ladesäulen gefunden, an denen man seine Akkus kostenfrei aufladen kann. Mit ein bisschen Recherche findet man auch garantiert öfter solche Ladesäulen. Eine weitere Möglichkeit, die uns vorher nicht bewusst war, sind Ladestationen für E-Bikes. Auch diese kann man sich über eine App anzeigen lassen. Da sind aber unsere Erfahrungen noch sehr begrenzt. Und zu guter Letzt findet man häufig auch auf Wohnmobilstellplätzen einen Stromanschluss.

Ladestation in Falkenstein

Wir haben dann mit der Zeit eine Routine entwickelt, die sehr gut funktioniert hat. Wir sind früh erstmal etwa 40-50km gefahren, entweder direkt zu einer Ladesäule oder an sonnigen Tagen an ein ruhiges Plätzchen, wo wir über unsere Solarpaneele und das mobile Solarpanel die Akkus laden konnten. Während dieser zwei bis drei Stunden haben wir ausgiebig gefrühstückt, waren einkaufen oder haben uns anderweitig beschäftigt.

Laden in freier Wildbahn

Danach sind wir bis etwa 18.00 Uhr weitergefahren, bevor wir uns dann einen Schlafplatz gesucht und lecker Abendessen gekocht haben.

Für die Navigation haben wir auf Komoot gesetzt und es absolut nicht bereut. Die Strecke konnten wir mit Komoot planen und dann auf das Garmin Navi übertragen. Auch das hat sehr gut funktioniert. Verfahren haben wir uns auf der ganzen Reise nicht.

Gestartet sind wir mit der Navigation für normale Radtouren. Nachdem wir aber zweimal an Sperrgittern umdrehen mussten und uns durch sehr enge Engstellen gequält haben, sind wir auf die Rennradnavigation umgestiegen. Damit sind wir dann sehr „gut gefahren“. Da fragt man sich wirklich manchmal, ob die Planer dieser Radwege jemals selber auf einem Fahrrad gesessen haben. Ein Nachteil bei der Navigation für Rennräder ist, dass man auch Strecken auf Bundesstraßen zurücklegen muss. Das war aber in unserem Fall ein sehr kleiner Anteil und wenn man ruhig bleibt und zügig fährt, kann man auch diese Situationen gut meistern. Und wir waren nicht einmal mit wütenden Autofahrern konfrontiert. Der Großteil der Strecke führte auf Landstraßen entlang, die sich je nach Stärke der Besiedlung sehr gut fahren ließen. Allgemein kann man allerdings auf so einer Reise feststellen, dass der Fokus im deutschen Straßennetz eindeutig nicht auf den Radwegen liegt. Es ist zwar schön und gut, wenn es einen extra Radstreifen parallel zur Fahrbahn gibt oder einen breiten Fuß-und Radweg. Aber wenn die voller Schlaglöcher sind oder ich bei jeder Kreuzung einen nervigen Absatz rauf- und runterfahren muss, dann weiche ich dann doch lieber auf die Straße aus.

Und wie haben sich die Fahrradwohnwagen denn nun gemacht? Der Kreher Imperial hatte seine Bewährungsprobe ja eigentlich schon hinter sich und hat auch auf dieser Reise sehr gut durchgehalten. Er musste eigentlich nur den Verlust einer Stütze beklagen, das war aber ein Benutzerfehler (wurde vor Fahrtbeginn nicht hochgefahren). Auf der Tour kamen wir auch in den Genuss von ergiebigen und langanhaltenden Regenfällen, da haben sich dann ein paar Stellen in der Hülle gezeigt, an denen Wasser eindringen konnte.

Viel spannender die Frage: Wie hat sich der KreAIR geschlagen? Auch hier gab es ein paar offene Stellen in der Hülle, die nachgedichtet werden mussten. Außerdem sind nacheinander die zwei Verstrebungen an der Deichsel gebrochen, da das Material keine gute Qualität hatte. Das war jedoch nicht dramatisch und konnte während der Tour nachgebessert werden. In der jetzt endlich verfügbaren Baudokumentation sind diese Verbesserungen natürlich auch schon nachträglich ergänzt worden.

Ansonsten hatten wir noch ein paar andere Verluste zu beklagen. Renes rechte Pedale hat sich verabschiedet, weil er sie versehentlich auf der falschen Seite montiert hatte (danke an die Zweiradhandlung Wätzig in Adorf für die schnelle Hilfe). Ich habe einmal zu scharf rechts eingelenkt und mir dabei den Karabiner der Anhängersicherung zwischen Anhänger und Fahrrad in die hintere Scheibenbremse eingewickelt. Die Bremse hat noch bis nach Hause durchgehalten, muss aber auf jeden Fall ausgetauscht werden. Eine weitere Herausforderung: Renes Solaranlage hat urplötzlich nicht mehr geladen. Nach gründlicher Ursachenforschung hat er dann festgestellt, dass sich hinter einer Solarplatte ein Wassersack gebildet hatte und dadurch Wasser in das Paneel eindringen konnte. Das sollte eigentlich nicht passieren, da diese flexiblen Paneele auch für den Einsatz auf Booten gedacht sind. Rene Düsentrieb konnte jedoch auch dieses Problem schnell lösen. Am dramatischten war aber wohl das Abbrechen der Weberdeichselbefestigung an meinem Fahrrad mitten in Traunstein auf einer stark befahrenen Straße. Durch die oben genannte Sicherung blieb der Anhänger zum Glück in der Spur und hat keine Autos beschädigt. Durch einen Tipp von einem Passanten wurden wir darauf aufmerksam, dass es auch eine Weber B Kupplung gibt, die am hinteren Rahmendreieck befestigt wird und nicht an der Achse. Doch wo bekommt man Freitag Nachmittag in einer bayerischen Kleinstadt eine neue Weberdeichsel her? Die Ironie daran ist ja auch noch, dass der Firmensitz der Firma Weber nur 25km von uns entfernt war, aber natürlich schon geschlossen hatte. Nach einem Hilferuf auf Youtube konnten wir dann doch die entsprechende Deichsel auftreiben und wir konnten unsere Reise fortsetzen. Vielen Dank nochmal an die ganzen tollen Angebote!

Trotz dieser kleinen und größeren Pannen finden wir diese Art zu reisen einfach unglaublich toll. Und selbst diese Herausforderungen gehören irgendwie dazu. Bewährt hat sich auf jeden Fall auch die Kombination aus Kreher Imperial und KrehAIR. Wir hatten zwei richtig dolle Regentage und da fanden wir sogar zu zweit Platz im Kreher Imperial zum Kochen und mit der Gasheizung konnten wir die nassen Klamotten gut trocknen. Wir hatten uns auch eine Heizdecke eingepackt, das hat sich dann auch als sehr gute Idee rausgestellt. Denn die Nächte können dann doch Ende August auch schon richtig kalt werden. Und auf der nächsten Reise bekommt Rene dann auch eine mit. 😉

Wir haben uns auf dieser Tour auch ein kleines bisschen verliebt, und zwar in die Oberpfalz. Die Region ist relativ dünn besiedelt und bietet wunderschöne Ausblicke. Wir haben unzählige Kilometer auf ruhigen Landstraßen und selbst Bundesstraßen zurückgelegt. Immer wieder fährt man auch durch kleine, verschlafene Dörfer, deren Mittelpunkt grundsätzlich eine mehr oder weniger imposante Kirche ist. Ein weiterer Vorteil von Radreisen: man kann diese Schönheit viel intensiver wahrnehmen, als wenn man da nur mit dem Auto durchbraust.

Als finalen Höhepunkt der Reise haben wir uns dann für eine Übernachtung auf 1.500m Höhe entschieden. Dafür wollten wir die Roßfelder Panoramastraße hochfahren. Schon auf der Anfahrt erwarteten uns Anstiege von bis zu 24%. Das war dann auch definitiv das Limit für uns und unsere Gespanne, sowohl bergauf als auch bergab. Die Bremsen haben aber sehr gut durchgehalten. Die Nacht war dann auch sehr erlebnisreich. Wir haben uns bei Dauerregen hochgekämpft und bekamen dann noch ein Gewitter geboten.

Unser Schlafplatz auf der Roßfelder Panoramastraße

Am nächsten Morgen ging es dann wieder bei 5 Grad, dichtem Nebel und mit klammen Fingern wieder runter. Wir hatten zwar keinen Panoramablick, dafür ein tolles Abenteuer. Als wir mit glühenden Bremsen wieder in Berchtesgaden standen, bekamen wir sogar noch bei schönstem Sonnenschein den Watzmann geboten.

Der Watzmann-Ansicht von unserer Ladestation in Berchtesgaden

Zum Schluss sollen natürlich noch die vielen netten Begegnungen erwähnt werden, die wir auf der Reise erfahren haben. Das waren nicht nur Menschen, die den Fahrradwohnwagen vorher schon auf Youtube gesehen hatten. Diese Gefährte ziehen auch so die Aufmerksamkeit auf sich. Aber diese Gespräche haben immer Spaß gemacht und gehören auch irgendwie dazu.

Jetzt fühlen wir uns auf jeden Fall gewappnet für unsere geplante Reise zum Nordkapp, die dann nächstes Jahr im Frühjahr starten soll.

Wieder zu Hause

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